Situative Gesänge

Bild des/r Benutzers/in Walter Siegfried

Die erste Aktion zu den SITUATIVEN GESÄNGEN war ein Auftrag für die Lauterbacher Mühle, einem Rehabilitationszentrum inmitten eines wunderbaren Naturschutzgebietes am Grossen Ostersee im Süden von München. Als ich das Gelände zum ersten Mal beging keimte bald der Wunsch auf, Schubert in diese Landschaft hineinzusingen. Ich wählte mehrere Stationen aus und überlegte mir genaue Bild-Ausschnitte, die das Publikum während eines Liedes jeweils sehen sollte. Da das Publikum sich meist im Halbkreis um den Sänger herum formiert, kann man die Blickrichtung und damit das Bild zum Lied recht gut definieren. Am Ostersee war das etwa ein vermooster Brunnen, ein Bächlein, der weite Blick auf den See, das enge Umstelltsein von Bäumen, das Mühlenrad, ein Rosenbusch oder das verlorene Stehen auf weiter Wiese. Zu diesen Bildern hatte ich Lieder ausgewählt, die den Blick einerseits in die Landschaft hinausbegleiteten dann aber auch immer wieder zu den Hörenden selbst zurückführten. Die Begleitungen für die ausgewählten Lieder hatte ich zusammen mit meinen Pianisten vorproduziert und dann auf einem Cassettenplayer in der Abfolge der Stationen angeordnet. Der Player war mit  zwei kleinen Aktivboxen verbunden, die in einem speziell für diese Aktion konstruierten Trichter aus festem Karton eingebaut waren. Mit dieser leichten Konstruktion war ich sehr frei und konnte meinen Live Gesang zusammen mit der Begleitung aus dem Trichter in die Landschaft giessen. Die Aktion gefiel; sie wurde mehrmals wiederholt und ich begann das Prinzip auch auf andere Orte anzuwenden. Zunächst vor allem auf Wessobrunn, wo Kloster, Gasthof zur Post und das Umfeld spannende Veduten anbieten und wo die reiche Geschichte auch viele musikalische Assoziationen eröffnet. Durch den Wechsel von Innen- und Aussenräumen wurde hier auch zum ersten Mal der Hall der verschiedenen Räume ganz klar thematisierbar. Die eine immer gleiche Stimme erklang je nach Baumaterialien und Grösse der Räume immer wieder anders. Auch gehörten zu diesen Räumen oft eindeutige Geräusche, die nun in die Gesamtwirkung integriert werden konnten: Etwa die um den Erinnerungsstein an das Wessobrunner Gebet kreisenden Auto- und Motorradbrummer, die sich kommentierend unter die Textstelle "... nichts da war, nichts, nichts ..." legten. Am Grossen Ostersee wollte ich einfach Schubert singen. In Wessobrunn begann ich zu fragen, welche Melodien mir der Ort zuspielt und das blieb dann auch die zentrale Frage für die weiteren Orte: Zug und Glarus in der Schweiz, Rotis im Allgäu, Strobl am Wolfgangsee, Gropiusstadt Berlin, Meran im Südtirol, Ibm bei Salzburg und jetzt Herrmannsdorf.

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