TT Seminar Kiel: Die TT Bewegung im Allgäu

Bild des/r Benutzers/in Frauke Godat

Ein Student interviewte Gabriele Dohndorf von http://www.immen-stadtimwandel.de/

Wie alles angefangen hat...
Gestern habe ich mit Gabriele Dohndorf telefoniert und ihr Fragen zu dem Themenkomplex
Transition-Bewegung gestellt. Frau Dohndorf organisiert Gemeinschaftsprozesse und bietet
Teamcoachings und Führungscoaching an und ist eine Initiatorin der Transition-Bewegung im
Allgäu. Nach den ersten Worten des Gesprächs, in denen ich mich vorgestellt habe, wird aus Frau
Dohndorf für mich Gabriele. Für sie gehört die persönliche Ebene, das Du, untrennbar zu dem
Transition-Gedanken. Die Transition-Bewegung könne man nicht charakterisieren, weil es
verschiedene Lebensweisen gebe, dennoch gehe es immer auch um eine neue Art der Gemeinschaft,
um ein neues Wir, führt Gabriele aus.


Sie persönlich hat vor sechs Jahren das erste mal etwas über die Transition-Bewegung gehört. Mit
einem Freund organisierte sie die Denkwerkstatt Geld, bei der ein Teilnehmer, der bereits in der
Transition-Town Totnes gewesen war, darüber berichtete. Gabriele war von der Idee sofort
unheilbar infiziert, wie sie schmunzelt erzählt. Besonders faszinierte sie das Konzept, dass es
darum gehe, dass Menschen Dinge selbstständig und eigenverantwortlich in die Hand nehmen, um
eine bessere Welt zu schaffen. Kurz darauf besuchte sie daher ein deutschsprachiges Transition-
Training in Österreich und gründet 2009 einen Transition-Stammtisch im Allgäu.


Der Transition-Schenke-Tag
Das erste große Projekt der Transition-Bewegung im Allgäu nach einigen Stammtischsitzungen und
Transition-Film-Abenden war der Transition-Schenke-Tag (ein Fotobereicht ist online unter: http://www.immen-stadtimwandel.de/images/downloads/fotobericht_schenktag.pdf ). Dabei geht es darum zu geben, was man will und zu nehmen, was einem Freude macht. Der Transition-Schenke-Tag findet seit dem jährlich, das nächste mal am 06. April 2014, statt. Es geht nicht um einen geregelten Austausch von
Gütern, sondern eben um ein bedingungsloses Geben und Nehmen. Daher ist der Tag in zwei
Zeitabschnitte geteilt. Von 9 12 Uhr werden Haushaltsgeräte, Bilder, Pflanzen, Fahrräder oder
auch Gutscheine, etwa für Nachhilfe, Mitbenutzung von Gärten, oder auch eine Stunde zuhören,
bei den Organisatoren abgegeben.


Nachdem die Schenkungen auf Sauberkeit und Funktionstüchtigkeit überprüft worden sind, werden
sie auf Tischen bereitgelegt und können dann ab 13 Uhr von Interessenten mitgenommen werden.
Was wer gegeben hat bleibt also gewissermaßen anonym. Des weiteren stellen sich verschiedene
Anbieter und Vereine vor, die ins Konzept von Gemeinschaft und Nachhaltigkeit passen, wie zum
Beispiel der Bioladen in Immen, die Permakulturgruppe, die Initiative Bedingungsloses
Grundeinkommen oder das Gemeinschaftswohnprojekt Allgäu. Schon am ersten Schenke-Tag
kamen 1000 Besucher und so erfreut sich das Projekt bis heute großer Beliebtheit.


Was macht die Transition-Bewegung im Allgäu?
Neben dem Transition-Schenke-Tag hat die Bewegung schon einige andere Projekte ins Leben
gerufen. Im August 2012 wurde ein Grundstück von der Stadt zur Verfügung gestellt, das zu einem
Bürgergarten umgebaut wurde. Zunächst wurde das Arreal erst einmal gerodet und nutzbar
gemacht. Ab 2013 kann der Bürgergarten nun bestellt werden. 15 Aktive der Bewegung haben
bereits an dem Garten mitgearbeitet und fünf neue Mitglieder konnten über den Garten gewonnen
werden.


Des weiteren gibt es eine Gruppe, die sich mit Öffentlichkeitsarbeit und Flyern beschäftigt und
viele Gruppen und Gesprächskreise, wie beispielsweise Achtsamkeitstreffen, Spielenachmittage
oder Männer- und Frauenrunden. Der offene Stammtisch findet einmal im Monat statt und ist
insbesondere für neue Gesichter gedacht. Es geht um einen lockeren Austausch, ohne das besonders
kontroverse Themen besprochen werden. Dafür ist das themenzentrierte Arbeitstreffen ausgelegt,
was auch ein mal im Monat statt findet. Hier werden Sachthemen und Unstimmigkeiten besprochen
und diskutiert. Im März finden neben dem Arbeitstreffen und offenen Stammtisch sechs weitere
Termine Platz im Transitionkalender. Ein Label als Transition-Town besitzt die Bewegung noch
nicht. Das wird zwar angestrebt, aber die Bewegung funktioniert auch ohne.


Gemeinschaft in der Transition-Bewegung
Für eine funktionierende Bewegung ist es laut Gabriele wichtig die kritische Maße zu
überwinden. Gebe es erst mal einen festen Kern sei eine wichtige Grundlage gelegt. Dennoch reicht
das nicht immer aus. Viele Bewegungen und Initiativen legen zunächst einen großen Sprint hin,
organisieren Projekte, vergrößern sich und verschwinden ähnlich schnell wieder. Aktive Mitglieder
ziehen in einer andere Stadt, haben durch Arbeit und Studium plötzlich viel zu tun, oder fühlen sich
dem Druck nicht gewachsen, wenn eine Bewegung plötzlich abhebt. Bei der letzten Transition-
Konferenz im Sommer 2013 musste Gabriele feststellen, dass einige der gegründeten Initiativen
nicht mehr aktiv sind.


Auch bei Aktionen der Allgäuer Transition-Bewegung kriselte es schon mal. Doch ist die Bewegung
bis heute aktiv. Im Zentrum der Bewegung steht die Gemeinschaft erzählt Gabriele. Es sei wichtig
die innere Verbindung zu halten und stetig absolut auf Augenhöhe mit einander zu verkehren.
Anstatt das ein paar aktive mit einem Projekt davon preschen, werde daher immer angestrebt sich
gegenseitig mit zu nehmen. Dafür seien Gemeinschaftsprozesse wichtig, in denen gegenseitige
Wertschätzung gezeigt wird und Versuche unternommen werden zu möglichst guten Kompromissen
zu finden. Gabriele ist mit vielen aktiven der Transition-Bewegung freundschaftlich verbunden und
kann sich gar nicht mehr vorstellen, dass die Initiative irgendwann verschwindet.


Außenwirkung
Gemeinschaft und innerer Zusammenhalt ist der Kern der Bewegung. Dennoch gelang es ihr eine
wirkliche Außenwirkung zu entfachen. Wir werden in der Stadt gesehen! erzählt Gabriele. Ihr
selbst wurde der Vorstand im Heimatverein angeboten. Auch bei Veranstaltungen, wie einem Markt
für ökologische und fair gehandelte Produkte, wird die Transition-Bewegung angesprochen, ob sie
sich mit einem Stand präsentieren wollen. Für den Schenke-Tag stellte die Stadt die Stadthalle
kostenlos zur Verfügung und übernahm ab dem zweiten Termin die Kosten für Versicherung und
Bereitschaft der Feuerwehr.


Die Politischen Parteien, die Grünen, die SPD und die unabhängige Wählergemeinschaft die
Aktiven, haben zudem großes Interesse Transition-Aktive auf ihre Listen zu bekommen. Fünf der
Aktiven kandidieren nun auch für den Stadtrat und drei weitere für den Heimatverein.
Wird der Transition-Gedanke die Welt verändern?


Gabriele ist sich sicher, dass der Transition-Gedanke die Welt verändern wird. Sie sei der festen
Überzeugung, dass ein mehr gemeinschaftliches Miteinander ein großer Schritt für unsere
Gesellschaft ist. Nicht nur die Gemeinschaft, sondern auch die Souveränität des Einzelnen wird
gestärkt, wenn dieser sich aktiv um sich selbst, andere und seine Umwelt kümmere. Damit dies
gelingt müssen Netzwerke gebildet werden.


Mehr Menschen müssen die Dinge in ihre Hand nehmen, sich an der Politik und dem täglichen
Leben beteiligen statt sich tatenlos über die Politik zu ärgern. Auch lokal könne viel verändert
werden, wenn man sich zusammenschließt und einbringt. Ein gutes Beispiel hierfür sei der
Umstand, dass Immen sparen müsse. Dies sei für viele ein großes Drama, doch erwachsen hierraus
auch Chancen. So könnte zum Beispiel das Stadtfest durch die Motivation zu sparen von den
Bürgern selbst organisiert werden und Sparen könne damit auch schön sein.


Neben der Eigeninitiative des Einzelnen ist Kommunikation ein wichtiger Faktor für den Erfolg und
die Verbreitung der Transition-Idee. Die Transition Bewegung in Immen mache gute
Öffentlichkeitsarbeit, jedoch ist die Wirkung auf die Region begrenzt. Um eine weitreichendere
Wirkung zu erzielen, müssten verschiedene Medien ins Bot geholt werden. Aber auch der Einzelne
könne hier mit einfach Mundpropaganda viel bewegen und mithelfen andere Städte abzustecken.
Als abschließenden und zusammenfassenden Wunsch formuliert Gabriele daher: Tu etwas Gutes
und sprich darüber.