TT Seminar Kiel: Ministerium für Glück und Wohlbefinden Was versteckt sich dahinter?

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Ich führe in diesem Semester ein Transition Town Seminar an der Uni Kiel durch. Als Leistungsnachweis sollen die Studierenden Blogartikel schreiben, die in einem Lernportfolio zusammen mit einer abschliessenden persönlichen Lernreflexion gesammelt werden. Einige Studierende wollen bei der Veröffentlichung anonym bleiben. Hier der erste Artikel einer Studentin:


Ministerium für Glück und Wohlbefinden Was versteckt sich dahinter?

Kommentare

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Wer hat denn dazu schon vor Ort Aktivitäten/Projekte gemacht und kann Ideen teilen? Oder gibt es sogar Ideen für Transition Unternehmen im Sinne der REconomy ? Ich kenne aus Totnes nur das Network of Wellbeing .

Einige inspirierende Beiträge gibt es auch gerade in der ARD Themenwoche Glück .

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Vor ein paar Jahren wollte ich mal das Unterrichtsfach "Zukunft" einführen und bin in der Konzeptentwicklung auch auf das Schulfach Glück gestossen.  Hier ein kleiner Bericht über das Schulfach Glück.

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Eine andere Studentin aus dem Seminar kommentiert:

"Ministerium für Glück und Wohlbefinden" Gute Idee - kritikwürdiger Ansatz. Wie sehen die bestehenden Ministerien heute aus? Das weiß wohl niemand so genau. Außer die Menschen, die dort arbeiten. Aber es gibt ja die sogenannte "Alltagsintuition" und den Stereotyp, Deutschland sei total überbürokratisiert.


Ist es wirklich ratsam, etwas von der Politik - also von "oben" nach unten - zu den "kleinen Leuten" durchsickern lassen zu wollen? In dem Artikel der Zeit - online steht der schöne Satz geschrieben: " Viele Menschen nähmen sich ja kaum mehr Zeit für ein gutes Essen oder einen Moment der Ruhe." Hier könnte DAS oder zumindest eines der Probleme liegen. Das Paradigma, dass man sich diese Zeit nicht nehmen dürfe, weil andere Dinge wichtiger seien, haben sich Jahrhunderte lang herausgebildet. Unter anderem durch geschichtliche Ereignisse hat sich dieses (und andere ihm verwandte) Bild durch die Generationen weiterverbreitet und durch die Sozialisation der neuen Generation verfestigt.

Jeder kann sagen - "Das stimmt doch gar nicht. Natürlich sind mir meine Kinder wichtiger und ich würde viel lieber mehr Zeit mit ihnen verbringen und Stress haben möchte ich auch nicht". Wirklich? Und warum zeigen deine Handlungen meistens genau das Gegenteil? Antworten könnten dann sein: "Weil nichts anderes möglich ist, die Firma erwartet es. Die Gesellschaft verlangt es so. Ich könnte meinen Job verlieren, " Wir werden von unseren unterbewussten Annahmen gesteuert und fühlen uns als Opfer unserer Umstände.


Letztendlich ist doch die Politik und auch die Wirtschaft (deren Grenzen ja heute kaum noch scharf zu trennen sind) ein Abbild der Gesellschaft, ein Abbild der Paradigmen der einzelnen Menschen - das ist ein Teil des Demokratieverständnisses. Wer soll nun entscheiden, dass hier von "Oben" ein neues Paradigma in der Gesellschaft etabliert werden muss? Das klingt irgendwie nach Gehirnwäsche. Natürlich - es gibt viele Menschen, die es für notwendig erachten, dass ein Sinneswandel stattfinden muss. Und irgendwie gibt es auch kein Argument, das dagegen sprechen könnte, oder? Aber kann ein verstaatlichtes, bürokratisiertes Ministerium für Glück, welches dann womöglich wieder nur die wirtschaftlichen Belange im Blick hätte, weil dort wieder Menschen arbeiten würden, die dieses zeitgemäße Paradigma ebenso verinnerlicht haben, wirklich die Lösung sein?


Veränderungen benötigen Zeit und manchmal ziemliche Zusammenbrüche. Das ist nicht schön, aber Fakt. Redensarten wie " Wer nicht hören will, muss fühlen" und "Gut Ding will Weile haben" belegen das. Viele Organisationen verwirklichen schon einen Ansatz, der in die Richtung führt, in die die meisten Menschen wollen. Sie beschäftigen sich nicht mit den Dingen, die sie vermeiden möchten, sondern mit dem, was sie als gut, richtig und zukunftswürdig empfinden. Hier liegt die positive Kritik für das Ministerium für Glück und Wohlbefinden - es ist eine positive gedankliche Idee in eine Richtung, in die wir wirklich wollen.

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Arbeitsweise und Inhalte eines solchen Ministeriums müssen aus meiner Sicht auch anders als andere Ministerien gestaltet werden. Spannend finde ich diesen Index aus England, wo nicht die klassischen wirtschaftlichen Ziele im Vordergrund stehen: Happy Planet Index