Eindrücke vom Transformativen Symposium: Welche Forschung brauchen Pioniere des Wandels?

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Wertschätzung transformativen Erfahrungswissens.

Es herrscht bislang ein großes Ungleichgewicht in der gesellschaftlichen Wertung von Wissenschaft und Akteuren, sagte Eva Stützel, Mitgründerin des Ökodorf Siebenlinden auf der Veranstaltung Pioniere des Wandels - Transformationsforschung für eine Kultur der Nachhaltigkeit ", in Berlin.

Mit dem Transformativen Symposium wurde erstmalig in Deutschland ein Veranstaltungsformat geschaffen, in dem sich Akteure aus den unterschiedlichsten Graswurzel-Bewegungen begegnen konnten und gemeinsam mit Wissenschaftlerin über eine Forschung für Transformation diskutieren. Die Veranstaltung wurde organisiert und unterstützt von RIC (Research in Community), der Heinrich-Böll Stiftung und dem Rachel Carson Center für Environment and Society. 

Eine Umfrage im Vorfeld der Tagung hatte ergeben, dass die Teilnehmer/innen die Rolle der Zivilgesellschaft als Akteur für eine Transformation als wichtiger einstufen, verglichen mit der Rolle der Wissenschaft und der Politik, stellte Felix Wagner von RIC, bei der Begrüßung fest. Bislang fehlt es aber nach wie vor an Mechanismen, wie die guten Ansätze und Impulse aus Protest- und Bürgerbewegungen frühzeitig als solche anerkannt und in den politischen Diskurs mit einfließen können, sagte Heike Walk, Geschäftsführerin des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung im Rahmen der Podiumsdiskussion.

Eva Stützel plädierte für Aktionsforschung in Form einer Begleitung. Es ist sinnvoll, Forschung zu machen, um herauszufinden, was uns wirklich weiter bringt, die Psychologin. Sie hat schon viele wissenschaftliche Arbeiten in Sieben Linden begleitet. Sie hinterfragte allerdings, ob Zeit und Aufwand richtig verteilt seien Es wird unverhältnismäßig viel mehr Geld für Forschung ausgegeben, meinte sie, verglichen mit dem, was in die Graswurzelprojekte selbst fließt. Wer Forschungsbudgets plant, solle dafür sorgen, die Menschen, die diese Arbeit in den Real-Laboren tun, ebenfalls berücksichtig werden.

Erfolgsfaktoren von Forschungskooperationen

Die Einschätzung von Stützel deckt sich mit einer Studie des britischen Transition Research Network. In Rahmen des Projektes Connection, participation and empowerment in community-based research: The case of Transition Town Movement   befragten Rhys und Ute Kelly, University of Bradford mehrere britische Transition Initiativen zu ihren Erfahrungen mit Wissenschaftlern . Sie fanden heraus, dass die meisten Forschungsprojekte von Wissenschaftlern initiiert wurden. Das hat in manchen Fällen zu Enttäuschung und Frustration geführt beispielsweise, wenn die Initiativen wiederholt dieselben Fragen beantworten mussten oder wenn sie als Partner in Forschungsprojekten aufgeführt wurden, ohne vorher gefragt zu werden. Die positiven Effekte von Forschungsprojekten waren in der Regel 'Nebeneffekte', nämlich die Zeit, praktische Unterstützung und die Möglichkeiten zu reflektieren. Zu den Erfolgsfaktoren von guten Forschungskooperationen gehörte im Wesentlichen die Persönlichkeit des/der Wissenschaftlers/erin, insbesondere Transparenz über das Forschungsprojekt, echtes Interesse, die Bereitschaft, praktische Arbeiten in der Initiative zu übernehmen und die Fähigkeit vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. 

Forschungsbedarf: Ermöglichungsräume Reallabore - Plattform für Pioniere des Wandels.

Ökodörfer, Transition-Initiativen, Permakulturprojekte und zahlreiche andere Pioniere des Wandels leisten seit vielen Jahren wertvolle Arbeit, die dem Gemeinwohl in vielfältiger Weise zu Gute kommt. Damit transformative Forschung möglich wird, brauchen die Akteure allerdings erst einmal Zeit und Ressourcen, um ihren Transformationsalltag zu unterbrechen, ihre Erfahrungen zu reflektieren und auszutauschen, Bedarfe und Wünsche zu formulieren, so ein Ergebnis einer Forschungswerkstatt am 2. Tag des Symposiums.

" Respekt und Freiraum für das Erfahrungswissen und die Protagonisten ", heißt es auf dem Plakat der Forschungs-Werkstatt, die ich zusammen mit Eva Stützel angeboten habe. Die Gruppe gab sich den Namen Frei-, Denk- und Tauschraum (siehe Anhang). Ein guter Auftakt für so einen Ermöglichungsraum könnte zum Beispiel eine Transdisziplinäre Bildungswerkstatt sein, in der sich Grassroot-Experten und Wissenschaftler auf Augenhöhe über Transformative Bildung austauschen. Es bräuchte aber auch eine webbasierten Plattform Pioniere des Wandels " so das Ergebnis einer Forschungswerkstatt, die Sandra Mende von RIC ins Leben gerufen hat. Hier soll das gesamte transformative Erfahrungswissen, Methoden und aber auch Forschungsergebnisse der verschiedenen Graswurzel-Bewegungen gesichtet, aufbereitet und zugänglich gemacht werden. In einem weiteren Schritt könnten dann aus Initiativen und Ökodörfen Reallabore des Wandels werden, so die Ergebnisse einer dritten Forschungswerkstatt, die Prof. Uwe Schneidewind moderiert hat. In solchen Reallaboren können Erfolgsfaktoren im sozialen Bereich erforscht und zu anwendbaren Transformations-Werkzeugen gebündelt werden, schreibt Jonathan Klodt, Global Ecovillage Network, in einer ersten Ideenskizze, die mit mehreren Akteuren nach dem Symposium entstand. Diese Transformations-Werkzeuge können dann in anderen gesellschaftlichen Kontexten evaluiert werden und zum Verständnis und zur Förderungen von gesellschaftlichen Transformationsprozessen beitragen. "Reallabore könnten auf diese Art eine lebensdienliche Kultur der Teilhabe fördern, indem sie die Akteure als Experten des Wandels in die Forschung einbeziehen".

Forschung als Unterstützung

Eva Quistorp Mitbegründerin der Grünen, ermunterte die Akteure auch Fragen an die begleitende Wissenschaft zu stellen: Fragt die Wissenschaftler nach ihren eigenen Motiven und Zielen, nach ihrem ökologischen Fußabdruck und nach ihrem Lebensstil. Transformative Wissenschaft, müsse eine dienende Wissenschaft sein, so Quistorp, die seit Jahrzehnten in der deutschen Friedens-, Frauen und Umweltbewegung aktiv ist.

Schon seit längerem hat das britische Transition Netzwerk sehr klare Erwartungen an transformative Wissenschaft formuliert: Die Projekte sollen die beteiligten Initiative unterstützen, besser noch das gesamte Transition Netzwerk, heißt des in den  Richtlinen für Forscher.   Wir haben jetzt in dem ersten Entwurf unserer Forschungs-Empfehlungen ergänzt: Menschen die sich in Graswurzelprojekten für den Gesellschaftswandel einsetzen, arbeiten mit einem hohen Einsatz. Sie stellen sie sich unangenehmen Wahrheiten und engagieren sich - überwiegend in Ihrer Freizeit - für einen Wandel, der im Mainstream noch nicht angekommen ist. Das ist eine bereichernde aber auch kräftezehrende Arbeit. Bitte respektieren Sie unsere Arbeit und unsere Zeit.

Gesa Maschkowski

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