Gemeinsam! Eine reale Utopie

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Matthias Grundmann und ich haben in den letzten Jahren ein Buch über eine Gemeinde im Jahr 2025 geschrieben. Es folgen Auszüge aus der Einleitung des Buches, welches über www.reale-utopie.de bezogen werden kann.

Wir stellen die Einleitung hier vor, weil unserer Ansicht nach des Buch eine sinnvolle Ergänzung für die Transition Town Bewegung ist, in dem Sinne, dass es diese so vielfältige und bunte Bewegung, um konkrete Bilder und Visionen in einem Roman ergänzt. Die Bilder, die wir beschreiben, sind Teil unserer Vorstellung von einer Gesellschaft des sozialen Miteinander und der gemeinsamen Lebensgestaltung. Unsere Bilder bauen auf realen Verhältnissen auf und knüpfen an der gesellschaftlichen Wirklichkeit an, die uns beim Verfassen der Geschichte umgibt. Zugleich sind es utopische Bilder, die sich aus unseren Wünschen und Träumen speisen und die dennoch lebensnah sind, da wir unsere Tagträume von einem kleinstädtischen Miteinander an einem konkreten, real existierenden Ort und in einer nicht allzu ferne Zukunft lebendig werden lassen.

Aus konkreten Bezügen heraus beginnen die Hauptpersonen der Geschichte ein Eigenleben zu entwickeln, das in vielen Punkten dem Leben der Menschen in der heutigen Bundesrepublik Deutschland entspricht. Was also im Zuge unserer Träumereien entsteht, ist das, was Ernst Bloch eine konkrete Utopie nannte. Die dem Jetzt entspringenden utopischen Bilder entfalten einen greifbaren Nicht-Ort, der vertraut scheint. Ihn zu betreten, verlangt von denen, die sich gemeinsam mit uns diesem Entwurf zuwenden wollen, Mut und Neugier und Entschlossenheit. Die geschilderte utopische Zukunft ist als Keim im Hier und Heute bereits konkret angelegt und muß im Grunde nur noch weiterentwickelt werden. Real wird die Utopie durch die konkrete Vorstellung des nächsten Schritts und die ihr folgende Tat.

Was aber bewegte uns, diesen Traum real werden zu lassen? Motiviert haben uns Überlegungen zu einer nachhaltigen und auf rapide gesellschaftliche Veränderungen vorbereitenden Regionalpolitik auf Grundlage der Transition Town Bewegung. Im Rahmen dieser Bewegung (etwa Stadt im Wandel) gestalten seit 2006 Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen in vielen Städten und Gemeinden der Welt den Übergang in eine postfossile, relokalisierte Wirtschaft. Ausgehend von der Beobachtung, daß die nationale und internationale Politik nicht angemessen auf die Herausforderungen des Klimawandels und des bevorstehenden globalen Ölfördermaximums (Peak Oil) reagiert, schlagen wir vor, daß die Gemeinden von sich aus mit ersten vorbereitenden Maßnahmen auf eine Zukunft knapper werdender Roh- und Treibstoffe reagieren. Hierzu gehören u.a. Maßnahmen zur Verbrauchsreduktion von fossilen Energieträgern sowie zur Stärkung der Regional- und Lokalwirtschaft.

Es ist einleuchtend, daß eine nachhaltige und allen Menschen gleichermaßen zugute kommende Veränderung der gesellschaftlichen Realität ohne entsprechende Entwürfe nur schwer vermittelbar und kaum umsetzbar sein wird. In der vorliegenden Geschichte wird von der Anwendung sozialpolitischer Ideen erzählt, die einer solchen Realität nahe kommen. Wir sind davon überzeugt, daß unsere Träume Wirklichkeit werden können. Auch dann, wenn wir uns darüber im Klaren sind, daß nichts so wird, wie wir es uns denken. Das gilt auch für die hier skizzierte Geschichte eines erträumten gesellschaftlichen Wandels.

Wir wissen, daß gewaltige Veränderungen auf uns zukommen, vor allem die Erderwärmung sowie eine weitere Zunahme von Umweltzerstörung und katastrophen, Energieknappheit und demographische Erschütterungen. Auch auf gesellschaftlicher Ebene, namentlich im wirtschaftlichen und politischen Leben, stehen wir vor neuen Herausforderungen. Es bedarf einer solidarischen Ökonomie, die die sozialen Verwerfungen des kapitalistisch-konsumistischen Wirtschaftens vermeidet und es bedarf eines sozialpolitischen Gemeinwesens, das auf Bürgerbeteiligung und basisdemokratischer Meinungsbildung aufbaut. Für all diese Veränderungen gibt es bereits heute vielfältige Vorschläge, denen nachgegangen werden sollte.

Dies trifft auch auf die Einführung eines Bedingungslosem Grundeinkommens zu. Wir sind der Ansicht, daß diese Idee nicht nur theoretisch diskutiert werden sollte, sondern es an der Zeit ist, Erkenntnisse aus konkreten Umsetzungsversuchen zu gewinnen. Daher haben wir Wenningen zu einer von mehreren europäischen Modellregionen gemacht, in der für einen gewissen Zeitraum ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt wird.
Wir wollen und dies unserer Ansicht nach im Einklang mit den Grundbedürfnissen der Menschen an den Grundfesten unseres gesellschaftlichen Systems rütteln, wenn wir in unserer Geschichte die Überzeugung vertreten, daß in den kommenden Jahren gemeinschaftliche Lebensformen in unterschiedlichster Ausgestaltung zur neuen Realität werden, etwa in Form generationenübergreifender Wohnprojekte, Kommunen, Lebensgemeinschaften oder zeitlich begrenzter Lebensphasenmodelle. Uns schweben ganz allgemein Lebensmodelle vor, in denen sich Menschen über die Familie hinaus zusammenschließen, vielfältige Bindungen miteinander eingehen und teilweise gemeinsam wirtschaften. Wir sind überzeugt, daß den kommenden Veränderungen besser begegnet werden kann, wenn sich die Menschen in gemeinschaftlich orientierten Lebensmodellen gemäß ihren Bedürfnissen zusammenschließen.

Ich freue mich über Kommentare zum Buch bzw. zur Einleitung.

Steffen Andreae

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